Mineralien- und Fossiliensammlung Granzer
 
Sandsteinkugeln – eine Besonderheit in der Flyschzone

Die Flysch- oder Sandsteinzone erstreckt sich in Österreich am Nordrand der Alpen vom Wienerwald bis zum Bregenzerwald. Meist ist sie nur wenige Kilometer breit  und wird im Süden von den Nördlichen Kalkalpen begrenzt. Die Gesteine der Flyschzone sind in der Zeit von Ende des Erdmittelalters (Unterkreide) und bis zu Beginn der Erdneuzeit (Eozän) in großen Meerestiefen entstanden. Sandstein- und Tonschichten wechseln einander ab. Die Landschaftsformen sind gekennzeichnet von runden, größtenteils bewaldeten Bergrücken und Kuppen, die selten über 700 m Höhe erreichen. Die Hänge sind durch zahlreiche Gräben und Bachläufe durchschnitten, die in breite Täler münden. Diese Gräben wurden durch das an der Oberfläche abfließende Regenwasser gebildet. Der Flysch zerfällt durch Verwitterung in immer kleiner werdende Teile, dadurch entsteht der Boden. Wird dieser Boden von Wasser durchtränkt, verliert er die Festigkeit und fließt langsam hangabwärts. Hangrutschungen sind in diesem Gebiet keine Seltenheit. Auf die Eigenschaft des langsamen Fließens der Verwitterungsschicht bezieht sich auch der aus der Schweiz stammende Name Flysch.

Meist ist der Aufbau der Flysch-Schichten sehr regelmäßig, gelb verwitternder Sandstein und graue Tone wechseln ständig ab. Grobe Sandkörner und feines Gesteinsmehl lagerten sich über lange Jahre hinweg in einem flachen Meer ab. Von Zeit zu Zeit stürzte dieses Sedimentgemisch ausgelöst möglicherweise durch Erdbeben oder Sturmfluten über die Böschung zur Tiefsee ab. Die gröberen Sandkörner kamen früher unten an und bildeten die Sandsteinschichten, die feineren Bestandteile sanken langsam ab und ließen die Tonschicht entstehen. Dieser Vorgang wiederholte sich viele Male und bildete so die bis zu 2000 m mächtigen Schichten der Flyschzone.

Im Laufe der langen Geschichte unserer Erde verschwand das große Meer aus Mitteleuropa wieder und die in großer Tiefe abgelagerten Sandsteine wurden in Zusammenhang mit der Bildung unserer Alpen emporgehoben und von den mächtigen Schichten der Kalk- und Zentralalpen überdeckt, sodass nur eine schmale Zone am Nordrand der Alpen übrig blieb.

In den Hohlräumen zwischen den Sandkörnern konnte sich Kalk ablagern, der die Verfestigung zu Sandstein bewirkte. Manchmal gelangten auch Tier- und Pflanzenreste auf den Meeresboden. Diese zerfielen und es blieben Hohlräume zurück, in die ebenfalls Kalk eindringen konnte, allerdings in größerer Menge als sonst. Auf diese Weise entstanden die Sandsteinkugeln. Nachdem zuerst der Hohlraum aufgefüllt war, lagerte sich Schicht um Schicht von Kalk und Sand um den Kern ab, sodass die Kugeln beachtliche Größen erreichten bis zu 1, 5 m Durchmesser und mehr. Sie sind härter als der sie umgebende Sandstein. Ihr Wachstum kam wahrscheinlich dann durch den Mangel an Kalkzufuhr und durch die zunehmende Verhärtung des übrigen Sandsteins in größerer Tiefe zum Stillstand.

Der Ort Allhartsberg, NÖ, Wohnort des Verfassers, liegt auf einem Höhenrücken der Flyschzone. Beim Bau des Gemeindeamtes im Jahr 1993 wurde eine mehrere Meter in die Tiefe reichende Baugrube ausgehoben, bei der einige dieser Sandsteinkugeln zum Vorschein kamen. Eine vollständige Kugel mit einem Durchmesser von 70 cm, die in der Hauptschule Allhartsberg aufbewahrt wird, und zwei Hälften von je 1,20 m Durchmesser, die wahrscheinlich zusammengehört haben.



Solche Sandsteinkugeln sind auch aus einem Steinbruch bei Rabenstein im Pielachtal bekannt geworden. Erst in den letzten Jahren kamen bei den Bauarbeiten zur neuen Bahn sowie bei einigen anderen tieferen Eingriffen in das Gelände in der Gegend von Böheimkirchen und Perschling eine große Zahl von Sandsteinkugeln zu Tage, die zum Teil noch in der Nähe der Baustellen abgelagert sind, aber auch zur Gestaltung von Verkehrswegen in der Gegend verwendet wurden (siehe nachfolgende Fotos).


   

Näheres siehe auch in:
documenta naturae, no. 164, Teil 2, München 2011, Documenta Verlag, Kapitel 9:
G.Granzer: Riesen-Sandstein-Kugeln aus Flyschsedimenten von Allhartsberg und Melk (Niederösterreich)

Literatur:
Kollmann, Strobl, Landschaften Niederösterreichs, Berger Verlag, 1992
Wessely, Geologie der österreichischen Bundesländer, Niederösterreich, Wien 2006
Thenius, Geologie der österreichischen Bundesländer, Niederösterreich, Wien 1974

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Gerhard Granzer
Markt 16, 3365 Allhartsberg
Tel:07448/3003